21.8.1940 – Ankunft in Paris

Leutnant der Marine, Fritz Pospischil im April 1941 | Copyright by DerGloeckel.eu

Meine Lieben!

Nunmehr schicke ich Euch die erste Nachricht aus Paris. Die Fahrt war tadellos. Von Köln in der Früh weg, zwar sehr voll, aber ich hatte bequemen, tadellosen Platz in der II. Klasse mit absolut netten Offizieren, die durchwegs bis Paris fuhren. Die vielen Stunden verflogen furchtbar rasch, da es wirklich zwar eine sehr zusammengewürfelte, jedoch ausnehmend angenehme Reisegesellschaft war. Die Fahrt war stellenweise sehr interessant, sie ging über M. Gladbach – Rheit – Walheim – Roermond – über die Maas – Juliana Kanal – über den Albert KanalHasseltDiestBrüssel. Hier war 1 Stunde Aufenthalt. Ein wenig gingen wir in die Stadt, tranken wunderbaren Kaffee. Schon in der ersten Station von Holland wurden die Waggons überschwemmt mit herrlicher holländischer Schokolade. Wenn wir gewußt hätten, daß dieser Artikel hier ziemlich rar ist, hätten wir uns bissl eingedeckt. Um ½ 5h gings von Brüssel ab: wieder übern Albert Kanal, Tournai, Braine-le-ComteAth, – Tournai nach Lille.

Nun zogen wir uns zu einem göttlichen Essen in den Speisewagen zurück. Wir fuhren in sehr vergnügter Stimmung. Es geht nach ArrasAmiens. Was dann kam, entzieht sich meiner Kenntnis. Wir 6 im Coupé schliefen unter Lachen etwas durcheinander liegend ein und fuhren hoch im Pariser Nordbahnhof gegen ½ 7h früh. Daß ich viel stellenweise gesehen habe auf der Fahrt, könnt Ihr mir glauben. Schreiben tue ich es nicht, ich muß auch noch etwas zu erzählen haben, wenn ich wieder heim komme. Obwohl es wundervoll zu sehen ist, man fährt durch ein Gebiet, wo vor 2 Monaten der fürchterlichste Krieg tobte, und nun ist alles friedlich, Kühe weiden, Äcker werden bebaut, Ernte hereingebracht u.s.f. Überhaupt sagte man mir, man führe mich wochenlang durch Frankreich, ohne daß ich vom verflossenen Krieg etwas merke. Nur an wenigen geballten Stellen. –

Nun, Montags morgen begann ich meine französischen Sprachkenntnisse auszupacken. Lustig! Macht mir viel Spaß. Anfänglich gings ängstlich, aber gestern abend unterhielt ich mich mit diversen Pariser Geschäftsleuten schon recht niedlich. Zuerst nahm ich ein Hotelzimmer und setzte das Badezimmer bissl unter Wasser. Dann vertraute ich mich der Metro an. Phantastisch! Ohne aber einmal verkehrt zu fahren, landete ich am Placa de la Concord.

Zunächst prägt Euch meine Adresse ein: Friedrich Pospischil Feldpost Nr. 01099. Vorläufig sitze ich in Paris. Über die Aufnahme, Unterbringung etc. werde ich später erzählen (!?) Leider waren die beiden Offiziere, an die ich von Riem gewiesen war, abwesend. Sollen erst heute zurückkommen. Dann wird sich alles weitere entscheiden. Ich weiß noch nicht, ob ich nicht vielleicht noch Zivilkleider brauche. Für alle Fälle bitte ich Dich schon heute Trude: Lege nichts in die Sparkasse, zahle so wenig als möglich zurück und versuche, soviel als möglich mir Geld zu schicken. Über das „wie“ werden wir uns noch einigen, welchen Weg Du findest, mir Geld zukommen zu lassen. Denn Einkäufe kann man da machen, einfach unglaublich: Kleider, Wäsche, Schuhe alles zum halben Preis in bester Ausführung. Zunächst bitte ich Dich: Gehe zu Töpler (ehem. Neumann) in der Kärntnerstraße. Weine ihm vor, ich hätte sofort einrücken müssen, vielleicht storniert er das Mantelgeschäft und gibt Dir die 20 M zurück. Denn hier bekomme ich zum mindest um dasselbe Geld: 1 Mantel und 2p. Schuhe. Ein Weg des Geldsendens besteht möglicherweise über Kapt. Dietrich. Wenn er herfährt! Wenn Töpler es nicht tut, so müßt Ihr mir halt später einmal, wenn Ihr die Weisung von mir erhält, einen Koffer mit Anzug und Mantel schicken. Aber wir werden noch sehen. Vielleicht bin ich bald schon woanders.

Mittags aß ich in der Stadt einfach göttlich: Brathuhn mit Pomme santé Käse, herrliche Pfirsiche und Mokka (echt mit Conamschine auf dem Tisch) Preis: M 3.- Das war zufällig nicht sehr billig, aber gut. Abend speiste ich a/d Montmatre: Sardinen und Eierspeise : unglaublich viel um 60 pf. Am Montmatre viel Lärm, Getöse, Musik, aber sonst Abschaum. Nicht interessant. Unglaublich schick sind die Pariserinnen. Jedes Ladenmädel schaut absolut gut und hübsch aus. Aber nie siehst Du Wehrmacht mit ihnen.

Faksimile des Briefes vom 21.8.1940 | Copyright DerGloeckel.euAlso meine Lieben, nachmittags werde ich schon mehr und Näheres über mich wissen. Ich schreib, wann ich kann.

Alles Liebe
Euer Fritz

Dringendste Bitte um Zigaretten!
Die sind hier fürchterlich!!

Veröffentlicht von DER GLÖCKEL

Unabhängiges Nachrichtenmagazin ISSN 1992-0318 Berichte, Reportagen und Dokumentationen abseits der Massenmedien seit 2000

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